Bündnis für Kindertagesstätten in Schleswig-Holstein
Johanne-Fahrt zum Thema "Was Kindern zusteht" / AWO-Landesvorsitzender: Fluss der Gelder besser steuern / Staatssekretärin Langner: Jeder Euro ist gut investiert
Gemeinsam am Steuer der Johanne: AWO-Landeschef Wolfgang Baasch und Staatssekretärin Annette Langner. (Foto: AWO/Kienitz) |
Rendsburg/Brunsbüttel - Die Forderung nach einem "Bündnis für Kitas" ist das Ergebnis einer Schiffsfahrt von Rendsburg nach Brunsbüttel. An Bord des historischen Zweimasters "Johanne" waren sich die Politiker und Experten einig, dass der qualitative Ausbau der Kinderbetreuung eine große Herausforderung an die Gesellschaft bedeute. "Wir müssen uns immer wieder fragen: Wie viel ist uns dieser Bereich wert?", sagte Anette Langner, Staatssekretärin im schleswig-holsteinischen Sozialministerium. Jeder Euro, der investiert werde, sei gut investiert. Nach Ansicht des Landtagsabgeordneten Wolfgang Baasch, Landesvorsitzender der AWO Schleswig-Holstein, geht es dabei nicht nur darum, mehr Geld in das System zu pumpen, sondern den Fluss der Gelder besser zu steuern.
Im Rahmen der sozialpolitischen Gespräche an Bord der Johanne wurde über die Probleme diskutiert, mit denen die Kitas im Land mittlerweile zu kämpfen haben. Dabei ist der Anspruch auf einen Platz in Gruppen für Kinder unter oder über drei Jahren nicht die Hauptsorge der Verantwortlichen. Moderatorin Winona Wagenknecht, in der AWO zuständig für den Bereich der Kindertagespflege, benannte dabei die personellen Engpässe als eines der Hauptprobleme: "Fast alle Einrichtungen leiden unter einem hohen Krankenstand und Abwanderung von Personal in andere Bereiche."
Auch Markus Potten vom Verband der Evangelischen Kindertagesstätten sieht erhebliche Personalprobleme auf die Kitas zukommen: "Wir verzeichnen eine viel zu kurze Verweildauer in dem anspruchsvollen Beruf der Erzieherinnen. Wir müssen daher einiges unternehmen, um das Berufsbild zu verbessern." Martin Meers, Geschäftsführer der AWO Bildung und Arbeit bestätigte den Eindruck: "Erzieherinnen bleiben im Durchschnitt nur noch drei bis fünf Jahre im Beruf. Die Träger müssen also - wie viele andere Betriebe auch - etwas unternehmen, um die Attraktivität der Stellen zu erhöhen. Schließlich stehen wir da im Wettbewerb mit vielen anderen Tätigkeitsfeldern."
Mehr Geld allein reicht dazu offenbar nicht aus, auch wenn weitere Mittel sicher hilfreich wären. Staatssekretärin Langner verdeutlichte dabei, dass die Ansprüche gestiegen seien. Zum einen steht die Forderung nach mehr Qualität, also auch mehr Personal, im Raum. Zum anderen soll auch die beitragsfreie Kita schrittweise eingeführt werden. Beides zusammen "unter einen Hut" zu bekommen, gelte dabei als enorme Herausforderung. "Wir müssen zum einen neue Geldquellen erschließen, zum anderen aber auch bei den vorhandenen finanziellen Mitteln Prioritäten setzen."
Wolfgang Baasch, der in der Erstausbildung auch den Erzieherberuf erlernt hat, verdeutlichte den Unterschied zwischen der Kita-Betreuung früher und heute. Heute würden auch Kinder ohne Deutschkenntnisse, Kinder mit körperlichen oder geistigen Behinderungen oder verhaltensauffällige Kindern betreut - und zwar mit Erfolg. Das jedoch erfordere einen besseren Personalschlüssel und bestens ausgebildete Mitarbeiter.
Minona Wagenknecht verdeutliche abschließend noch einmal auf die Bedeutung der Kita für die Gesellschaft am Beispiel der Flüchtlingskinder: "Das ist Sprachförderung pur! Und damit holen wir auch die Eltern mit ins Boot."
Die Diskussion auf dem Törn von Rendsburg nach Brunsbüttel war Teil der "Sozialpolitischen Gespräch auf hoher See", die vom AWO organisiert worden war. Neben den fachlichen Diskussionen wurde die Zeit an Bord der Johanne zum informativen Austausch und dem Bilden von Netzwerken gewidmet. Der historische Zweimaster hat üblicherweise im Lübecker Museumshafens festgemacht und wird in einem Projekt für Langzeitarbeitslose eingesetzt. In diesem Jahr machte sie die Leinen los, um in mehreren Törns ihrem "Geburtswort" Wewelsfleth einen Besuch abzustatten.